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€ 100.000,- Schmerzensgeld bei nicht erkanntem Hautkrebs

€ 100.000,- Schmerzensgeld bei nicht erkanntem Hautkrebs

In seinem Urteil vom 27.10.2015, Az.: 26 U 63/15 hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die folgenden Leitsätze formuliert:

1.) Bei dermatologischen Auffälligkeiten muss ein bösartiger Befund differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Die histologische Entnahme einer Probe muss durch einen Arzt durchgeführt und darf nicht dem Patienten selbst überlassen werden.

2.) Bei einem Melanomverdacht ist der Patient deutlich auf die Notwendigkeit der Wiedervorstellung zum Ausschluss des Verdachts hinzuweisen.

3.) Eine fehlerhafte Probeentnahme und der unterlassene Hinweis der Wiedervorstellung können - bei einem Melanomverdacht - als grober Behandlungsfehler zu werten sei. Bei einer Leidenszeit einer 55-jährigen Patientin mit mehreren operativen Eingriffen und letztlich tödlichem Ausgang ist ein Schmerzensgeld von 100.000,- € angemessen.

Die im Laufe des Verfahrens verstorbene Patientin hatte den Arzt wegen einer Verfärbung eines Zehennagels nach einer Stoßverletzung aufgesucht. Der Arzt zog einen Nagelbluterguss in Betracht. Er veranlasste die Einreichung einer Nagelprobe. Die histologische Untersuchung ergab lediglich einen bakteriellen Infekt. Die Verfärbung hatte sich innerhalb des nächsten Jahres nicht zurückgebildet und es wurde eine Krebserkrankung diagnostiziert.

Nach der Einholung eines Gutachtens kam das Gericht zu dem Schluss, dass der behandelnde Arzt es versäumt habe, eine ausreichende Untersuchung zum Ausschluss eines Melanoms sicherzustellen. Dieses wäre bei ordnungsgemäßer Befundung festgestellt worden. Auch sei den Behandler vorzuwerfen, der Klägerin als Patientin nicht hinreichend verdeutlicht zu haben, dass sie sich zur weiteren Befundung in der Praxis bald wiedervorstellen solle.

Dann bewertete das Oberlandesgericht das Fehlverhalten des Beklagten in der Gesamtheit als grob behandlungsfehlerhaft. Das führt prozessual zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der zurechenbaren Folgen.
Dem behandelnden Arzt war nach Auffassung des Gerichtes vorzuwerfen, dass aufgrund eines als grob zu bewertenden Behandlungsfehlers die Hautkrebserkrankung der Klägerin nicht rechtzeitig erkannt werden konnte. Deshalb ist ihm die bis zum Tod führende Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Patientin zuzurechnen.

https://www.justiz.nrw.de/…/j2015/26_U_63_15_Urteil_2015102…